„Wenn du aus dir verjagst
All Unruh und Getümmel –
So wirft Sankt Michael
Den Drachen aus dem Himmel.“
(Angelus Silesius)
Streiflichter September
Gedanken zu Michaeli
Der Spruch von Angelus Silesius stimmt einen nachdenklich.
Man könnte zum Beispiel fragen: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Wenn ich Mensch innerlich ruhiger werde, dann soll das eine Auswirkung auf das Handeln von Sankt Michael, einem Engel haben?
Der Zusammenhang erschließt sich einem nicht sofort. Wir haben im Allgemeinen zunächst keine Beziehung oder Verbindung zu einem Erzengel oder gar zum Erzengel Michael, jedenfalls sind wir uns einer solchen Beziehung nicht bewusst.
Wir kennen aber das Thema der inneren Unruhe, des inneren Getümmels ganz gut und sind vielleicht auch unzufrieden damit.
Es scheint, laut der Wahrnehmung des Angelus Silesius zu sein, dass das Tun und Lassen des Menschen eine Wirkung auf die Engel hat, vielleicht könnte man die Engel oder den Erzengel als „die geistige Welt“ benennen und so verstehen. Dann wäre eine unmittelbare Verbindung zwischen uns Menschen und der geistigen Welt gemeint.
Ein anderes Bild des Michael –Themas ist der Kampf gegen den Drachen:
Ein tapferer Ritter zieht aus, um unter Aufbietung seiner ganzen Kraft und großem Mut die Königstochter aus der Flammenburg zu retten. Sie wird dort von einem Feuerspeienden Drachen gefangen gehalten.
Diese Geschichte können wir verstehen, wenn wir sie als Bild nehmen.
In diesem Bild ist die Königstochter die eigene Seele oder das Ich des Menschen –jeder trägt also eine Königstochter in sich.
Der tapfere, mutige Ritter ist der eigene Mut, die eigene Kraft des Menschen, jeder trägt also auch einen Ritter in sich.
Der Drache ist vielleicht dann die eigene innere Unruhe, das innere Getümmel, welches jeder in sich verjagen soll, unter Aufbietung all seiner Kräfte und großem Mut um zu sich, zu innerer Klarheit, zum inneren Frieden, um zu seiner „Königstochter“ zu kommen…
So gesehen wäre das Geschehen dieses Kampfes das innere Ringen um die Rettung und Erhaltung des eigenen Wesens.
Es geht im Leben ja immer um die Suche nach etwas, die Anstrengung, die innere Aktivität, um einen Zustand des Gleichgewichts, der Harmonie zu erreichen.
Das Bild der Waage wäre ein weiteres Motiv für dieses Geschehen. Manchmal sieht man dieses Motiv auf alten Bildern. Sankt Michael ist der, der die Seele des Menschen wiegt, abwägt.
Wo stehen wir da selbst, an welcher Stelle sind wir gerade jetzt in unserem Leben?
September ist der Monat, in dem wir am Ende das Fest des Erzengel Michael feiern oder an ihn denken.
In manchen Einrichtungen gibt es dann das Märchen von der Königstochter in der Flammenburg zu hören – für die Kinder im Kindergartenalter.
Johanna Trost